Der schwarze Turm by P.D. James

Der schwarze Turm by P.D. James

Autor:P.D. James [James, P.D.]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: General Fiction
veröffentlicht: 2013-06-14T16:00:00+00:00


5. KAPITEL

Ein Akt der Gehässigkeit

1 Wenn Dalgliesh auf sein erstes Wochenende in Dorset zurückblickte, so zeigte ihm die Erinnerung eine Szenenfolge, die so verschieden war von den späteren Bildern des Todes und der Gewalt, daß er beinahe versucht war zu glauben, sein Aufenthalt auf Toynton habe sich auf zwei verschiedenen Ebenen und zu verschiedenen Zeiten abgespielt. Diese frühen, sanften Bilder waren – im Gegensatz zu den späteren krassen schwarzweißen Momentaufnahmen wie aus einem geschmacklosen Horrorfilm – voll Farbe, Atmosphäre und Duft. Er sah sich wieder durch das vom Meer überspülte Strandgeröll der Chesil-Bank waten und vernahm die lauten Schreie der Vögel und das Donnern der Brandung von dorther, wo Portlands dunkle Felsen in den Himmel ragten. In Gedanken erklomm er wieder die gewaltigen Wälle von Maiden Castle und stand – eine einsame, windgebeutelte Gestalt – in Gedanken versunken an dem Ort, wo rätselhafte Erdformen von viertausend Jahren menschlicher Geschichte erzählten. Er erinnerte sich an die Teemahlzeit in Judge Jeffreys Herberge in Dorchester und wie der heitere Herbstnachmittag dabei in die Dämmerung überging. An die nächtlichen Fahrten zwischen herabhängenden Farngewächsen und hohen unbeschnittenen Hecken hindurch bis zu irgendeiner fernen Dorfwiese, wo einen die hellerleuchteten Fenster eines Pub schon von weitem begrüßten.

Und spätabends dann, wenn er nicht mehr befürchten mußte, durch einen Besucher aus dem Gutshaus gestört zu werden, fuhr er zurück nach «Haus Hoffnung», zu dem vertrauten, einladenden Geruch der Bücher und des Kaminfeuers. Einigermaßen überrascht stellte er fest, daß Millicent Hammitt ihrem Versprechen treu blieb, ihn nach jenem ersten Besuch nicht mehr zu stören. Er kam auch bald auf den Grund ihrer Zurückhaltung: sie war fernsehsüchtig. Wenn er auf dem Boden saß, seinen Wein trank und Pater Baddeleys Bücher ordnete, vernahm er durch den Kamin schwach die Begleitgeräusche ihres nächtlichen Zeitvertreibs – einen halb vertrauten musikalischen Reklameslogan, wechselndes Stimmengemurmel, peitschende Gewehrschüsse, Schreie, die schmetternde Fanfare, die den Spielfilm im Spätprogramm einleitete.

Er fühlte sich in einem Niemandsland zwischen altem und neuem Leben, so als sei er als Rekonvaleszent aller unangenehmen Pflichten und Entschuldigungen enthoben. Und den Gedanken an Gut Toynton und seine Bewohner fand er unangenehm. Was in seiner Macht stand, hatte er getan. Jetzt wartete er ab, was geschehen würde. Einmal fiel ihm beim Anblick von Pater Baddeleys Sessel die Entschuldigung des berühmten, atheistischen Philosophen ein, von dem die Legende berichtet, daß er nach seinem Tod zu seiner eigenen Überraschung vor den Thron Gottes gerufen wird:

«Aber Herr, Du hast es versäumt, ausreichende Beweise Deiner Existenz zu liefern.»

Wenn Pater Baddeley wünschte, daß Dalgliesh etwas unternahm, würde er ihm stichhaltigere Anhaltspunkte liefern müssen als ein verschwundenes Tagebuch und einen aufgebrochenen Schreibtisch.

Er erwartete keine Briefe außer Bill Moriartys Antwort, da er die Anweisung hinterlassen hatte, die Post nicht nachzuschicken. Und er hatte sich vorgenommen, Bills Briefe persönlich vom Briefkasten abzuholen. Aber er traf schon am Montag ein, einen Tag früher, als Dalgliesh überhaupt für möglich gehalten hatte. Er hatte den Vormittag im Cottage zugebracht und war erst nach dem Mittagessen gegen halb drei zum Briefkasten spaziert, um die Milchflaschen zum Abholen bereitzustellen.

Im Briefkasten



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